Kafka in Finnland von Irene Dimitropoulos Zur Einführung Die Kafka-Rezeption in Finnland ist bisher nur ansatzweise untersucht worden: Lediglich Beatrice Sandbergs Beitrag von 1979 zur Aufnahme in Nordeuropa im Kafka Handbuch und die von Detlef Wilske angestellten Forschungen zur in Finnland erschienenen Sekundär- (bis 1994) 1 und Primärliteratur (bis 1996) 2, deren Ergebnisse in Form zweier Artikel im Journal of the Kafka Society of America erschienen sind, wären an dieser Stelle zu erwähnen. Für die finnische Rezeption scheint das gleiche zu gelten, was bereits Sandberg allgemein für Skandinavien festgestellt hat. In Finnland waren zu Beginn der Rezeption besonders Schriftsteller und Literaturkritiker aktive Vermittler Kafkas. 3 Die in Finnland relativ spät zu ihrem Durchbruch gelangte moderne, finnischsprachige Literatur gibt Anhaltspunkte für die Rezeptionsvoraussetzungen und -geschichte Kafkas. Es gab schon in den 1920ern vereinzelte Bemühungen, neue Einflüsse in die traditionell dem Idealismus und Realismus verpflichtete Literatur einzubringen unter anderem durch die Gruppe der Tulenkantajat [dt. Feuerträger] und deren Mitglieder wie Pentti Haanpää. Für die sich ab der Mitte der 1940er Jahre erneuernde, moderne finnische Literatur waren Vorbilder aus der deutschen und amerikanischen Literatur von großer Bedeutung. 4 Kafkas Rolle kann man in diesem Zusammenhang also vorerst als eine wegweisende betrachten. Die modernistische Phase der schwedischsprachigen Literatur in Finnland kann man schon um 1910 ansetzen, sie wurde unter anderem durch Autoren wie Edith Södergran eingeleitet. 5 Die Kafka-Rezeption erreicht ihren Höhepunkt in Finnland in den späten 1950er sowie in den -60er und -70er Jahren, als die Anzahl der Übersetzungen sowie die Forschungsbeiträge zum Autor zunehmen. Entscheidend für die Kenntnisnahme des Autors durch eine größere Leserschaft war unter anderem der in der 1958 erschienenen Sammlung Puolitiessä [dt. Auf halbem Weg] 6 aufgenommene Essay des Literaturforschers und -kritikers Kai Laitinen, Kuutamo 1 Wilske, Detlef: Sekundärliteratur zu Franz Kafka aus Finnland. In: Journal of the Kafka Society of America; 18:2 (1994). S. 49 51. 2 Wilske, Detlef: Franz Kafka. Primärliteratur aus Finnland. Der Prager Mondschein in der finnischen Mitternachtssonne. (Forschungsbericht) In: Journal of the Kafka Society of America; 20:1 (1996). 3 Sandberg, Beatrice: Die Aufnahme in den einzelnen Ländern. Nordeuropa. In: Kafka Handbuch in zwei Bänden. Band 2. Das Werk und seine Wirkung. Hg. v. Hartmut Binder. Stuttgart: Alfred Kröner 1979. S. 743 762. 4 Lassila, Pertti: Geschichte der finnischen Literatur. Tübingen: Francke Verlag 1996. S. 161 164, 201. 5 Ebd. S. 140 143, 154, 156, 163, 193 194. 6 Laitinen, Kai: Puolitiessä. Esseitä kirjallisuudesta. Helsinki: Otava 1958.
Prahassa [dt. Mondschein in Prag], in dem er Kafkas Werk, seine Aufnahme sowie seine Biographie darlegt. Laitinen hat auch drei Sammlungen mit Erzählungen, Fragmenten und Tagebucheinträgen Kafkas in den 1950er und -60er Jahren herausgegeben 7. Kafka gilt in Finnland als ein Klassiker der deutschsprachigen Literatur und man sieht seine Wurzeln in der deutschen Literaturtradition. Dennoch wird zugleich aufgrund seiner jüdischen Herkunft seine Besonderheit in der Riege deutscher Erzähler betont. 8 Die interpretatorische Vielfalt und Aktualität seines Werks ist oft Thema und die biographische, psychoanalytische, nihilistische und religiöse Annäherung sind beispielsweise angeführte Zugangsmöglichkeiten. Auch dem grotesken Humor Kafkas, der neben der Bedrücktheit, Fremdheit und Unbegreiflichkeit in seinem Werk zutage tritt, wird Aufmerksamkeit zuteil. Buchausgaben/Übersetzungen (sh. ausführliche Bibliographie) Kafkas Werk ist in Finnland umfassend übersetzt worden und die zu seinen Lebzeiten erschienenen Werke sind komplett auf Finnisch erhältlich, was größtenteils auch für die posthum veröffentlichten Texte gilt. Die Kafka-Rezeption in Finnland begann Ende der 1930er und Anfang der -40er Jahre, als einige Erzählungen in der finnischen Übersetzung von Väinö Hämeen-Anttila veröffentlicht wurden. 9 Mit Ausnahme dieser vergleichsweise frühen finnischsprachigen Übersetzungen sind die ersten Werke Kafkas in Finnland zuerst auf Schwedisch veröffentlicht worden, worauf die finnischen Übersetzungen folgten. Dies trifft zum Beispiel auf Der Prozess zu, der zuerst auf Schwedisch 1945 10 in der Übersetzung von Karl Vennberg erschien und ein Jahr darauf auf Finnisch 11 übersetzt von Aukusti Simojoki. Das langsam erwachende Interesse für Autoren der Moderne wie Kafka, Robert Musil oder Hermann Broch sieht der Literaturhistoriker Pertti Lassila als kennzeichnend für die Tendenz der Übersetzungsliteratur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, denn die stilistisch experimentierenden, avantgardistischen Werke wurden von den Verlagen als wenig gewinnerzielend betrachtet, weshalb es nicht zur Übersetzung bzw. Publikation kam. Erfolgreiche, übersetzte deutsche Schriftsteller waren damals unter anderem Thomas Mann, Hermann Hesse oder J. W. von Goethe. In den Nachkriegsjahren bis in die 1960er, -70er und -80er Jahre wurden deutschsprachige moderne Literatur, Klassiker sowie grundlegende Werke des 20. 7 Nälkätaiteilija. Novelleja. Hg. v. Kai Laitinen. Übers. v. Aarno Peromies; Kristiina Kivivuori; Eeva-Liisa Manner. Jyväskylä: Gummerus 1959 (= Kirjallinen löytöretki; 5). Erään koiran tutkimuksia. Novelleja. Hg. v. Kai Laitinen. Übers. v. Aarno Peromies. Helsinki: Otava 1967 (= Seitsentähdet). Keisarin viesti. Novelleja. Katkelmia. Tunnustuksia. Hg. v. Kai Laitinen. Übers. v. Aarno Peromies. Helsinki: Otava 1969 (= Seitsentähdet). 8 Laitinen, Kai: Kuusi vuosikymmentä Kafkaa. In: Avain; 1 (2006). S. 78. 9 Lehterillä. (Auf der Galerie.) Übers. v. Väinö Hämeen-Anttila. In: Hyvää yötä; 3. Hämeenlinna: Karisto 1936. S. 26 27. Selostus akatemialle. (Ein Bericht für eine Akademie.) Übers. v. Väinö Hämeen-Anttila. In: Hyvää yötä; 7. Hämeenlinna: Karisto 1940. S. 175 85. Keisarillinen sanoma. (Eine kaiserliche Botschaft.) Übers. v. Väinö Hämeen-Anttila. In: Hyvää yötä; 8. Hämeenlinna: Karisto 1941. S. 142 143. 10 Processen. Übers. v. Karl Vennberg. Helsingfors: Holger Schildts förlag 1945. 11 Oikeusjuttu. Übers. v. Aukusti Simojoki. Helsinki: Werner Söderström Verlag 1946.
Jahrhunderts nachträglich ins Finnische übertragen. 12 Dies spiegelt sich ebenfalls in der Verteilung der Kafka-Übersetzungen wider. Zu den meist übersetzten deutschen Schriftstellern nach dem Zweiten Weltkrieg gehörten dennoch Namen wie Günter Grass oder Heinrich Böll. 13 Ab den 1970er Jahren wird das Verständnis von Kafkas Werk auch durch die Herausgabe seiner Briefe und Tagebücher auf Finnisch 14 umfangreicher und vertieft. Die Qualität der Übersetzungen sowie die Schwierigkeit, Kafka in eine fremde Sprache zu übertragen, sind von Detlef Wilske thematisiert worden. 15 Obwohl den finnischen Übersetzungen auch Lob zuteil geworden ist, ist die Auslassung der kritischen Edition in Neuauflagen kritisiert worden. 16 Neben den zahlreichen neuaufgelegten Editionen zeugen die Neuübersetzungen der Romane Der Prozess von Aarno Peromies 17 und Amerika / Der Verschollene von Markku Mannila 18, die erstmals von Ville-Juhani Sutinen ins Finnische übersetzten Aphorismen 19 und die auf Kafkas Werk basierenden Adaptionen vom fortwährenden Interesse für den Prager Autor. Ville Hytönen 2012 / Savukeidas Literarische Rezeption Zu den frühesten Kafka-Rezensenten gehört die finnlandschwedische Autorin und Literaturkritikerin Mirjam Tuominen. Ihr erster Essay zu Kafka, der 1943 erschien, ist deutlich von den traumatischen Kriegserlebnissen geprägt. Sie widmet das fragmentarische Werk Kafkas den Überlebenden des Krieges und schreibt ihm eine traumähnliche, visionäre Kraft zu. 20 In ei- 12 Lassila, Pertti: Saksankielinen kirjallisuus. In: Suomennoskirjallisuuden historia 2. Hg. v. H. K. Riikonen; Urpo Kovala; Pekka Kujamäki; Outi Paloposki. Helsinki: Suomalaisen Kirjallisuuden Seura 2007. S. 98 100 (= Suomalaisen Kirjallisuuden Seuran toimituksia, 0355-1768; 1112). 13 Kujamäki, Pekka: Aarno Peromies (vuoteen 1936 Peronius) 1926-1978. In: Suomennoskirjallisuuden historia 2. Hg. v. H. K. Riikonen; Urpo Kovala; Pekka Kujamäki; Outi Paloposki. Helsinki: Suomalaisen Kirjallisuuden Seura 2007. S. 103 (= Suomalaisen Kirjallisuuden Seuran toimituksia, 0355-1768; 1112). 14 Kirjeitä Milenalle. (Briefe an Milena.) Übers. v. Aarno Peromies. Vorwort v. K. Laitinen. Helsinki: Otava 1971 (= Seitsentähdet). Kirjeitä Felicelle. (Briefe an Felice.) Übers. v. Aarno Peromies. Helsinki: Otava 1976. 15 Wilske, Detlef: Onko kaikki mitä parhaimmassa järjestyksessä vai vallitseeko täydellinen epäjärjestys Franz Kafkan Der Prozess:in suomennoksissa? In: Kääntämisen tutkimuksen päivät Oulussa. 13./14.12.1994. Hg. v. Irma Sorvali. Oulu: Univ. Oulu 1995. S. 61 71 (= Meddelanden från Institutionen för Nordiska Sprak vid Uleåborgs Universitet. Serie B; 19). Sh. auch: Wilske, Detlef: Franz Kafkan kertomus Auf der Galerie ja sen suomennokset Lehterillä ja Parvekkeella. In: Kääntämisen tutkimuksen päivät Oulussa 10.-11.12.1996. Hg. v. Irma Sorvali. Oulu: Univ. Oulu 1997. S. 67 93 (= Meddelanden från Institutionen för nordiska Sprak vid Uleåborgs Universitet. Serie B; 22). 16 Eilittä, Leena: Kuka murhasi Josef K:n? In: Parnasso; 4 (1994). S. 474 475. Sh. auch: Eilittä, Leena: Amerikkalainen yö. In: Parnasso; 4 (1995). S. 472 474. 17 Oikeusjuttu. Helsinki: Otava 1975 (= Seitsentähdet). 18 Mies joka katosi. Helsinki: Otava 2000 (= Seitsentähdet). 19 Tuberkuloosifragmentit. Turku: Savukeidas 2012 (= Savukeitaan aforistiikkaa). 20 Tuominen, Mirjam: Diktaren som ville förinta en oerhörd värld. In: Hård höst. Debatt och värdering. Till Hagar Olsson. Hg. v. Olof Lagercrantz; Eric Olsoni; Olavi Paavolainen; J.O. Tallqvist; Lauri Viljanen. Helsingfors: Holger Schildts 1943. S. 195 218.
nem weiteren Beitrag schreibt Tuominen, dass Kafka es vermag, die Menschen zum Zuhören zu bewegen und kein Hinwegsehen zulässt. 21 Sie ist auch diejenige, die erstmals einen Vergleich zwischen Kafka und der finnlandschwedischen Modernistin Södergran anstellt. Sie schreibt 1949, dass weder Kafka noch Södergran aus der unmittelbaren Lust, die Wirklichkeit zu beeinflussen oder zu verändern, schrieben, beide aber dennoch mit ihrem Werk zu Propheten geworden seien. 22 Das Interesse der finnlandschwedischen SchriftstellerInnen an Kafka kann man wohl mit ihrem tiefergreifenderen Interesse an der deutschsprachigen Literatur sowie der zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzenden Modernisierung der Literatur sowie Kultur erklären. Die finnlandschwedische und die finnische Identität wurden sprachlich und kulturell allmählich als unterschiedlich voneinander betrachtet; zu dieser Zeit erstarkte die finnische Identität und Sprache und viele ehemals schwedischsprachige Gebiete wurden finnischsprachig. 23 Diese Entwicklung spiegelte sich auch in der finnlandschwedischen Literatur wider, in welcher Dekadenz sowie Themen des Außenseitertums, der Melancholie und Passivität bevorzugt wurden. Es gab zum Beispiel die Gruppe der Dagdrivare [dt. Müßiggänger], zu denen Autoren wie Runar Schildt, Ture Janson, Erik Grotenfelt oder Henning Söderhjelm gehörten. Der finnlandschwedische Modernismus war international ausgerichtet; viele finnlandschwedische Modernisten waren mehrsprachig und hatten Anknüpfungspunkte an die europäische Kultur. Wichtige Modernisten waren neben Södergran auch Hagar Olsson, Elmer Diktonius, Henry Parland oder Rabbe Enckell. 24 Der Dichter und Essayist Peter Mickwitz sieht auch Gemeinsamkeiten zwischen Prag und Finnland und deren sprachlichen Milieus zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Beide waren von Umbruch gekennzeichnet: Kafka gehörte als deutschsprachiger Jude in Prag einer Minderheit an und ähnliche Erfahrungen machte der Autor Runar Schildt als Finnlandschwede zur Zeit der Erstarkung des finnischen Nationalbewusstseins und der Schwächung der Stellung der schwedischen Sprache in Finnland. 25 An dieser Stelle wäre auch der finnlandschwedische Literaturkritiker Harry Järv zu erwähnen, der in Schweden geforscht, aber auch die Diskussion um Kafka und sein Werk erheblich in den 1960er und -70er Jahren in Finnland angeregt hat. Er führt den Biographismus als ausschlaggebende Grundlage für Kafkas Deutung an und hat in seinem Werk unter anderem die Sexualsymbolik und Symbolsprache mit Kenntnisnahme der Psychoanalyse untersucht. 26 Außerdem hat Järv 1961 eine Kafka-Bibliographie 27 herausgegeben, die lange Zeit als internationale Standardreferenz galt. Kafkas Werk ist in Finnland auch aus der jüdischen Perspektive betrachtet worden. Der finnlandschwedische Schriftsteller und Psychoanalytiker Mikael Enckell stellt in seinem auch ins 21 Tuominen, Mirjam: II. In: Besk brygd. Betraktelser. Loviisa: Söderström 1947. S. 77 135. 22 Tuominen, Mirjam: Att vara eller icke vara. Nya Argus; 18 (1949). S. 264 267. 23 Koli, Mari: Suomenruotsalaisuuden synty. In: Suomen kirjallisuushistoria 2. Järkiuskosta vaistojen kapinaan. Hg. v. Lea Rojola. Helsinki: Suomalaisen Kirjallisuuden Seura 1999. S. 74 83. 24 Koli, Mari: Suomenruotsalaista kaupunkielämää. In: Suomen kirjallisuushistoria 2. Järkiuskosta vaistojen kapinaan. Hg. v. Lea Rojola. Helsinki: Suomalaisen Kirjallisuuden Seura 1999. S. 190 121. 25 Mickwitz, Peter: Vinn eller försvinn. Runar Schildt möter Kafka, möter Clarice Lispector. In: Förlorat. 4 essäer. Helsinki: Söderström 2010. S. 12 55. 26 Järv, Harry: Självanalytikern Kafka. In: Åsikter och avsikter. Egna och andras. Vaasa: Scriptum 2002. S. 102 132. 27 Järv, Harry: Die Kafka-Literatur. Eine Bibliographie. Malmö, Lund: Cavefors 1961.
Finnische übersetzten Werk I den frågandes själ? Essäer i judiska ämnen [dt. Im Geiste des Fragenden? Essays zu jüdischen Themen] 28 drei wichtige europäische Juden vor, deren Betrachtung aus der jüdischen Sicht er vernachlässigt sieht und zu denen er neben Kafka Marcel Proust und Sigmund Freud zählt. Zusätzlich zu den Übersetzungen und Essays sind einführende Darstellungen zum Autor sowie Rezensionen zum Werk erschienen. Vor allem Schriftsteller, wie Pentti Holappa und Veijo Meri, aber auch die modernistische Lyrikerin Eeva-Liisa Manner, die Ein Landarzt ins Finnische übersetzt hat 29, haben die Bedeutung von Kafkas Werk zu Beginn seiner Rezeption betont. Holappa stellte in einem Artikel in der Literaturzeitschrift Parnasso 1960 interessanterweise fest, dass er Kafka der finnischen Mentalität näher sieht, als französische Schriftsteller wie Jean-Paul Sartre oder Albert Camus. 30 Die Verzweiflung und der Humor, die bei Kafka nah beieinander liegen und die Thematisierung des einfachen Menschen, der aus seiner gewohnten Lebensbahn durch äußere Schicksalsschläge geworfen wird, treffen anscheinend den Geschmack des finnischen Lesers den Humor, der auch in einer aussichtslosen Situation zutage treten kann. Als Beispiel verweist Holappa auf den finnischen, zur Kriegsgeneration gehörenden Schriftsteller Juha Mannerkorpi, der moderne Klassiker, wie Sartre, Camus oder Samuel Beckett ins Finnische übertragen hat und als einer der wenigen finnischen Vertreter des Existentialismus gilt. Von Holappa selbst ist 1959 eine Sammlung mit teilweise fantastisch anmutenden Erzählungen mit dem Titel Muodonmuutoksia [dt. Verwandlungen] 31 erschienen. Film und Theater Eine filmische Adaption vom Das Schloss ist unter der Regie von Jaakko Pakkasvirta entstanden. Der Film Linna, der auf die Übersetzung von Peromies aus dem Jahr 1964 beruht, feierte Premiere am 12. September 1986 und wurde auch außerhalb Finnlands auf einigen Filmfestivals gezeigt. Kafkas stilistische Besonderheiten und deren Eignung zum Medium des Films sind unter anderem Gegenstand der Rezensionen gewesen. 32 Auf Kafkas Werk basierend sind in Finnland viele Inszenierungen entstanden und es hat mehrere Gastaufführungen gegeben, vor allem in den 1960er, -70er und -80er Jahren, von denen nur wenige hier angeführt werden sollen. Von 1985 stammt die Bühnenversion zu Das Schloss von Kaj Puumalainen 33, welche er direkt aus dem originalsprachlichen Roman schrieb. Auf Grundlage der Version gab es im selben Jahr eine Aufführung in Turku vom Jokiteatteri auf dem Alten Großmarktplatz. Zu erwähnen wäre auch die Diskussion um Peter Weissʼ Inszenierung von Der Prozess, die auch Finnland erreichte und 1979 am Stadttheater Turku aufgeführt wurde. Die Faszination für Kafkas Werk, die aus jüngeren Inszenierungen spricht, ist Thema einer Rezension von 2001. Die Verlockung, Kafkas Texte im 21. 28 Enckell, Mikael: I den frågandes själ? Essäer i judiska ämnen. Helsingfors: Söderström 1993. 29 Maalaislääkäri. Übers. v. Eeva-Liisa Manner. In: Parnasso; 2 (1959). S. 263 266. 30 Holappa, Pentti: Sokkeloinen todellisuus. In: Parnasso; 10 (1960). S. 277 278. 31 Holappa, Pentti: Muodonmuutoksia. Porvoo: Werner Söderström Verlag 1959. 32 Pulkkinen, Helmi-Paula: Onko Kafka kuollut mies? In: Peili; 4-5 (1986). S. 22 23. 33 Kivekäs, Matti; Puumalainen, Kaj; Helminen, Jussi: Jokikirja. Matti Kivekkään valokuvia Jokiteatterin -85 esityksestä Linna Vanhalla suurtorilla Turussa. Turku: Turun kaupungin kulttuurilautakunta 1985.
Jahrhundert zu dramatisieren, erscheint Soila Lehtonen nachvollziehbar, da aus seinem Werk die Universalität der Bedrückung des 21. Jahrhunderts, ihre metaphorische Kraft und das theatralisch Absurde spreche. 34 Auch eine von Matthias Günther dramatisierte und unter Andreas Kriegenburgers Regie für die Münchner Kammerspiele entstandene Version von Der Prozess wird in einer Rezension von Hilkka Eklund erwähnt und zugleich eine Verknüpfung zum finnischen Filmemacher Aki Kaurismäki hergestellt, dessen Asketismus man in der Dramatisierung angestrebt sah. 35 Im Jahr 2000 wurde am schwedischsprachigen Institut der Theaterhochschule Helsinki unter der Leitung des litauischen Regisseurs Cezaris Grauzinis eine auf Kafkas Der Prozess basierende Aufführung inszeniert Processen. Eine weitere Inszenierung vom gleichen Regisseur gab es am schwedischsprachigen Theater Viirus in Helsinki, wo Grauzinis einige Fragmente Kafkas dramatisierte. Das Stück No Return wurde 2005 auf Schwedisch aufgeführt, auf Finnisch 2008 und war ferner auf internationalen Theaterfestivals vertreten. An Kafka und seine Texte lehnt sich die 2010 erschienene Essaysammlung Kafkan varjo [dt. Kafkas Schatten] 36 von Seppo Järvinen, bei der Kafka eine große Rolle während seiner Reise durch Prag zukommt. Zu neueren Adaptionen gehört der erste Teil des im letzten Jahr erschienenen und auf Kafkas Das Schloss basierende Graphic Novel 37 von Kristian Huitula. Kafka an der Hochschule Die Kafka-Forschung an den Universitäten begann langsam in den 1950er Jahren. Neben wissenschaftlichen Artikeln sind Magister- und Masterarbeiten, sowie Lizentiatsarbeiten und Dissertationen zu Kafkas Werk von Finnen und in Finnland lebenden Deutschen sowohl auf Finnisch als auch auf Deutsch verfasst worden. Eine sich mit Kafkas Romanen beschäftigende Magisterarbeit wurde 1953 an der Universität Helsinki eingereicht 38 sowie eine Kafkas Werk und Leben umfassende Arbeit 1957 39. Vom äußerst aktiven finnischen Literaturforscher Kai Laitinen sind viele Veröffentlichungen zu Kafka erschienen, in denen er vor allem die biographische Annäherung an den Autor als gewinnerzielend ansieht. 40 In den 1960er Jahren beschäftigten sich schon mehr Forscher mit dem Schriftsteller. Es erschienen unter anderem Arbeiten, die sich mit Kafkas Sprache auseinandersetzten 41 oder einzelne Romane behandelten 42. Eine Arbeit widmete sich dem psychoanalytischen Aspekt der Kafka-Forschung 43. 34 Lehtonen, Soila: Alkulähteille! Kafka-dramatisoinnit jäävät kirjoituksen vangeiksi. In: Teatteri; 6 (2001). S. 23 24. 35 Eklund, Hilkka: Oikeusjutut näyttämöllä. In: Teatteri; 6 (2009). S. 21 22. 36 Järvinen, Seppo: Kafkan varjo. Kertomuksia Prahasta. Turku: Enostone 2010. 37 Huitula, Kristian: Linna. Sarjakuvaromaani. Osa 1/2. Tampere: Fantacore 2014. 38 Petäjäinen, Raija: Franz Kafkan romaanit. Tutkielma estetiikan ja nykykansain kirjallisuuden laudatur-arvosanaa varten. Helsinki: Univ. Helsinki 1953. Laudaturarbeit. 39 Ylänen, Pirkko: Franz Kafka. Piirteitä elämästä ja tuotannosta. Tutkielma estetiikan ja nykykansain kirjallisuuden laudaturarvosanaa varten. Helsinki: Univ. Helsinki 1957. Laudaturarbeit. 40 Laitinen, Kai: Kuutamo Prahassa. Franz Kafka ja hänen tuotantonsa. In: Puolitiessä. Esseitä kirjallisuudesta. Helsinki: Otava 1958. S. 98-99. 41 Leskinen, Pentti: Über Verbalsimplexe und -komposita in Kafkas Schaffen. Jyväskylä: Univ. Jyväskylä 1965. Magisterarbeit. 42 Karkama, Pertti: Franz Kafka Das Schloss. Estetiikan ja nykykansain kirjallisuuden sivulaudaturtyö. Helsinki: Univ. Helsinki 43 1963. Laudaturarbeit. Sh. auch: Sutinen, Helvi: Huomioita Franz Kafkan Der Prozess -romaanin kielestä ja tyylistä. Sivulaudatur. Helsinki: Univ. Helsinki 1967. Laudaturarbeit. Koivisto, Timo: Franz Kafkaan kohdistuvan tutkimuksen psykoanalyyttinen aspekti. Turku: Univ. Turku 1962. Laudaturarbeit.
Man sah in den 1970er Jahren schon einen Bedarf an einer Übersicht zur Kafka-Forschung und ihren Methoden, welche als Magisterarbeit 1972 eingereicht wurde. 44 Stilistische 45 und sprachliche Besonderheiten 46 waren ebenfalls von Interesse. Zu erwähnen ist auch die 1979 erschienene Untersuchung von Siegfried Jäkel zu den Dichtern des österreichischen Kulturkreises im 20. Jahrhundert 47, in der er unter anderem Kafkas Romane Der Prozess und Das Schloss unter dem Aspekt der Identität und der verfremdenden und ambivalenten Sprache behandelt. In den 1980er Jahren wurde eine rezeptionsästhetische Arbeit, welche die Rezeption von Der Prozess in Finnland zum Gegenstand hatte, gemacht 48. Die Arbeit von Christopher M. Schmidt betrachtete dagegen die textlinguistisch und literatursoziologisch orientierte Interpretation anhand Kafkas Die Verwandlung 49. Im Jahr 1994 wurde ebenfalls von Schmidt eine Arbeit veröffentlicht, die die Vieldeutigkeitsproblematik literarischer Texte in Kafkas Erzählung Die Verwandlung behandelt 50. In den 1990er Jahren erschienen übersetzungswissenschaftliche Untersuchungen zu Kafkas Werken 51 sowie seinen Stil behandelnde Arbeiten 52. 1999 wurde Leena Eilittäs Approaches to Personal Identity in Kafka s Short Fiction: Freud, Darwin, Kierkegaard veröffentlicht, die auf ihre Dissertation an der Universität Oxford beruht 53. Posthum wurde Tomi Kaartos Doktorarbeit Jaques Derrida and the Question of Interpretation 2008 publiziert, die er an der Universität Turku schrieb. 54 In den neunziger Jahren wurde die Rezeption Kafkas in Finnland von Detlef Wilske erforscht. 44 Hietaluoma, Anneli: Kafkan tutkimuksesta ja sen metodeista. Helsinki: Univ. Helsinki 1972. Magisterarbeit. 45 Yrjölä, Hellevi: Viisaiden sanat ovat vertauksia. Kafkan novellitekniikan piirteitä. Tampere: Univ. Tampere 1970. Magisterarbeit. 46 Talvo-Laine, Anna-Inkeri: Über die Sprache, Satzlänge und Interpunktion in Franz Kafkas Werken. Helsinki: Univ. Helsinki 1978. Magisterarbeit. 47 Jäkel, Siegfried: Identität und Sprache. Eine Untersuchung zu den Dichtern des Österreichischen Kulturkreises im 20. Jh. Turku: Univ. Turku 1979 (= Turun yliopiston julkaisuja. Sarja B, 0082-6987; 149). 48 Helminen, Tellervo: Haasteellinen lukukokemus. Franz Kafkan romaanin Der Prozess vastaanotto Suomessa. Turku: Univ. Turku 1989. Magisterarbeit. 49 Schmidt, Christopher M.: Die textlinguistisch und literatursoziologisch orientierte Interpretation von Literatur, veranschaulicht anhand der Verwandlungsthematik in Franz Kafkas Erzählung Die Verwandlung. Åbo: Åbo Akademi 1988. Magisterarbeit. 50 Schmidt, Christopher M.: Literarische Kommunikation und Rezeptionsverfahren. Die Interpretierbarkeit der Hauptfiguren in Franz Kafkas Erzählungen Die Verwandlung und Die Sorge des Hausvaters. Åbo: Åbo Akademi, 1994. Lizentiatsarbeit. Sh. auch: Schmidt, Christopher M.: Interpretation als literaturtheoretisches Problem. Die Möglichkeiten einer Neuorientierung in der Isotopie-Theorie, veranschaulicht anhand von Gregor Samsa in Franz Kafkas Erzählung Die Verwandlung. Frankfurt am Main: Peter Lang 2000 (= Hamburger Beiträge zur Germanistik; Bd. 30). 51 Kekki, Raisa: Zu den Adjektiven in Franz Kafkas Roman Der Prozess und deren Wiedergabe in seiner finnischen Übersetzung. Helsinki: Univ. Helsinki 1994. Laudaturarbeit. 52 Kalaoja, Nina: Vapaan epäsuoran kerronnan tyylipiirteistä ja funktioista Franz Kafkan kerronnassa. Tampere: Univ. Tampere 1995. Magisterarbeit. Sh. auch: Peltola, Satumaija: Ilveilijä-Kafka. Menippolaisen satiirin piirteet Franz Kafkan novelleissa Die Verwandlung, In der Strafkolonie ja Ein Hungerkünstler. Helsinki: Univ. Helsinki 1996. Magisterarbeit. 53 Eilittä, Leena: Approaches to Personal Identity in Kafka s short fiction. Freud, Darwin, Kierkegaard. Helsinki: Finnish Academy of Science and Letters 1999 (= Suomalaisen tiedeakatemian toimituksia, Sarja Humaniora, 1239-6982; 302). Dissertation. 54 Kaarto, Tomi: Jaques Derrida and the Question of Interpretation. The Phenomenological Reduction, the Intention of the Author, and Kafka s Law. Frankfurt am Main: Peter Lang 2008. Dissertation. Sh. auch: Kuusisto, Pekka Johannes: From the Center to the Circumference: Encyclopedic Topologies in Literature from Dante through Modern Science Fiction. Ann Arbor (MI): UMI 2002. Dissertation.
Auch in letzter Zeit sind Untersuchungen zu Kafka erschienen, wie zum Beispiel eine diskursanalytische 55 und eine die Künstlerfiguren Kafkas behandelnde Arbeit 56. Zu Kafkas Werk und Leben sind des Weiteren viele Artikel in Kulturmagazinen und -zeitschriften sowie wissenschaftliche Beiträge, Rezensionen und einführende Darstellungen veröffentlicht worden, die aus der beigefügten Bibliographie ersichtlich sind. Februar 2015 Zur Autorin: Der Artikel wurde von Irene Dimitropoulos (B.A., Fennistik und Germanistik) unter der Leitung von Dr. Leena Eilittä, die Dozentin der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der Universität Helsinki und zudem Kafka-Forscherin ist, erstellt. Die Verfasserin studiert Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Helsinki. 55 Bluhm, Lothar: Goethes entsetzliches Wesen. Eine diskursanalytische Lektüre von Kafkas Urteil. In: Begegnungen. Studien zur Literatur der klassischen Moderne. Oulu: Univ. Oulu 2002. S. 17-32 (= Veröffentlichungen des Germanistischen Instituts; 10). 56 Saraste, Paula: Die Melancholie der Künstlerfiguren Kafkas. Helsinki: Univ. Helsinki 2006. Magisterarbeit.